Warum das Neue nicht mehr viel mit dem Alten zu tun hat
Avinash Kaushik hat in seinem berühmt gewordenen Tweet einmal Folgendes festgestellt: „Social media is like teen sex. Everyone wants to do it. No one actually knows how. When finally done, there is surprise it’s not better.“
(Social Media ist wie Sex unter Jugendlichen. Alle wollen es tun. Aber niemand weiß wie es geht, Und wenn sie es dann tun, dann sind sie überrascht, dass es nicht besser war.)
Wie recht er hat, sieht man an vielen, völlig überzogenen Erwartungen von Unternehmen an Social Media. Sie erwarten die gleichen Effekte wie beim klassischen Marketing, doch das Neue hat mit dem Alten kaum mehr etwas zu tun.
Um auf der Schiene des Vergleichs von Kaushik zu bleiben, spricht Rich Nadworny von Werbeanzeigen, die wie One-Night-Stands sind und Social Media, was eher einer Dating-Phase entspricht. Und in der Tat: Wer abends einfach loszieht, kann unverbindliche Kontakte knüpfen, man weiß einfach, wo immer man auch hingeht, irgendwen werde ich schon treffen. Und diesen Charakter haben auch Werbeanzeigen in sich. Sie sind breit gestreut und richten sich relativ wahllos an ein großes, aber kein näher bestimmtes Publikum. Sie können die Zielgruppe treffen, müssen sie aber nicht. Letztlich sind sie also oberflächlich, kurzfristig, wenig verpflichtend und schon gar nicht beziehungstauglich – eben wie ein One-Night-Stand.
Was die Dating-Phase angeht, so sind wir meist wesentlich wählerischer, schließlich geht es um langfristige Absichten und Nachhaltigkeit. Wir lassen uns Zeit, beschnuppern den anderen, und wenn unser Verhalten nicht zum gewünschten Erfolg führt, dann passen wir unsere Strategie gegebenenfalls auch an. Und all das gilt auch für Social Media Kampagnen: Wer eine dauerhafte, auf Vertrauen basierende Bindung zu seinen Kunden aufbauen möchte, der muss Geduld mitbringen und ernsthaft interessiert sein.
Doch es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Missverständnisse, die die Unternehmen aufgrund der Tatsache, dass Social Media kaum noch vergleichbar ist mit klassischen Werbestrategien, falsch deuten. Immer wieder stellen sie fest, dass zu wenig Konversation zu ihrer Marke stattfindet und machen die fehlenden Kenntnisse der Strategen dafür verantwortlich. Sie verstehen nicht, dass es zum einen auch andere Themen gibt und zum anderen, dass man nicht durch Penetranz zum Gesprächsmittelpunkt wird, sondern durch Inhalt und Mehrwert.
Nächstes Problem – der fehlende Atem. Man sieht die Kosten, aber keinen sofortigen Nutzen. Es geht aber bei Social Media – im Gegensatz zu klassischen Kampagnen – um Nachhaltigkeit, die man nicht durch einmalige Spontan-Aktionen bekommt, sondern durch langfristige und zielgenaue Planung.
Und zu guter Letzt bleibt der Fakt, dass Social Media analog zu einer guten Beziehung und hervorragendem Wein mit der Zeit immer besser wird. Hat man die anfängliche Phase geschafft, fühlt man sich sicher, bestätigt und bereit, eine wahre Beziehung einzugehen. Man lernt sich schätzen. Schnelle Erfolge sind wie One-Night-Stands – im Grunde meist unbefriedigend. Denn Treue, Vertrauen und eine emotionale Bindung gibt es nur durch Social Media!
Und hier zeigt sich wieder einmal, dass Geduld eine Tugend ist, die sich gerade im Bereich Social Media auszahlt. Wichtig dafür ist allerdings das Wissen, dass das Neue nicht mehr viel mit dem alten, dem klassischen Werben zu tun hat.