Eigentlich könnte dieser Artikel auch unter dem Titel ‚Besser spät als nie‘ laufen. Denn auch wenn XING das größte deutsche Karriere-Netzwerk ist, ein bisschen hat man DEN Social-Media-Trend schlechthin verschlafen.
Facebook hat die digitale Kommunikation revolutioniert. Und zwar in sämtlichen Bereichen. Wann immer man auch irgendwo einen interessanten Blogpost, eine wichtige News oder aber auch einfach ein Produkt großartig findet und weiterempfehlen möchte: ein Klick auf den ‘I Like‘-Button reicht und alle Freunde wissen Bescheid. Die rasante Entwicklung dieser Art der Empfehlung konnte sicherlich niemand vorhersehen, wohl aber staunend beobachten. Denn gerade für Unternehmer, die sich
erfolgreich in dem Bereich Social Media engagieren wollen, hat er mittlerweile eine ungeheure Marketingkraft entwickelt. Umso erstaunlicher ist es daher, dass das deutschsprachige Businessportal XING so lange brauchte, um nachzuziehen.
Am 1. November 2003 ging die von Lars Hinrich gegründete Plattform online. Seither wurde sie stetig weiterentwickelt und zählt inzwischen weit mehr als zehn Millionen Mitglieder, die in 16 Sprachen und über alle Branchen hinweg miteinander in Kontakt treten. Jeder User kann so mit anderen Karrieristen wichtige Informationen und Ideen austauschen, Aufträge, Jobs, Personal oder Kunden vermitteln. Die Idee hat funktioniert. Heute arbeiten über 300 Mitarbeiter aus 27 Nationen für die XING AG.
Es ist daher eine berechtigte Frage, ob all diese Experten ihres Fachs entweder genug andere Dinge zu hatten, oder aber dem kaum aus dem Wege zu gehenden Aufstieg des ‚I Like‘-Buttons just verschlafen haben? Vonseiten des Unternehmens gibt es hierzu keine Auskunft. Im Gegensatz zu den Pauken und Trompeten der Zuckerbergschen Konkurrenz, nutzte man im Juni vergangenen Jahres ganz vorsichtig, fast heimlich, still und leise einen Blogpost, um einen ähnlich gearteten Empfehlungsbutton einzuführen.
Die Reaktion der User waren ebenso zaghafter Natur, denn bei der Ankündigung gab es diese Funktion nur als HTML-Code, womit die meisten der hochmodernen Netzwerker heutzutage kaum mehr etwas am Hut haben. Heute, mehr als sechs Monate später (!), ist der ‚Share-on-Xing‘-Button aktiv. Doch die Befürchtung, den fahrenden Zug verpasst zu haben, wurden bestätigt. Jeder kennt Facebooks ‚I Like‘-Button – doch die meisten der Nutzer von XING entdeckten das hauseigene Produkt bisher nicht. Denn auch, wenn er natürlich grundsätzlich eine mehr als sinnvolle Funktion darstellt, ist er doch bisher nur in vereinzelten Beiträgen ganz klein neben dem Twitter-Icon zu sehen.
Besser spät und klein als nie, mögen einige sagen. Doch in Anbetracht der Sachlage, dass Konkurrenten wie zum Beispiel LinkedIn die Integration zu Drittanbietern immer weiter vorantreiben, während sich XING ausschließlich auf seine Kernmärkte konzentriert, löst bei vielen Frustration aus. Vielleicht liegt das an den umfassenden Datenschutzbestimmungen der Bundesrepublik, vielleicht ist es aber auch einfach ein Versäumnis.
Es drängt sich daher tatsächlich die Frage auf, die im Übrigen schon seit längerem in verschiedenen Blogger-Kreisen kursiert: Kippt XING um? Wird es den stetig wachsenden Anforderungen des globalen Internets standhalten können? Wir dürfen gespannt sein.