Warum Menschen die Gemeinschaft in sozialen Netzwerken suchen
Niemand ist eine Insel – deshalb suchen Menschen die Gemeinschaft. Nur in der Gruppe fühlen wir uns sicher und aufgehoben. Die Familie stärkt uns, Freunde machen das Leben bunt. In Vereinen, Clubs und Selbsthilfegruppen finden wir Gleichgesinnte. Und auch im beruflichen Leben suchen wir Anschluss: So wie sich
in früheren Zeiten Handwerker und Händler in Gilden und Zünften organisierten, schließen sich Berufstätige heute in Verbänden und branchenspezifischen Vereinigungen zusammen. Dem Einzelnen bringt das große Vorteile: er fühlt sich in der Gruppe geborgen und verstanden, er kann seinen Wünschen und Zielen mehr Gewicht verleihen – und kann reden. Miteinander zu kommunizieren ist eines der dringendsten Bedürfnisse des Menschen
überhaupt. Jeder möchte sich austauschen und sich ausdrücken, sich zeigen und präsentieren. Selbst das schüchternste Mauerblümchen möchte wahrgenommen werden. Doch nicht jedem ist es gegeben, sich dem Mitmenschen im persönlichen Gespräch interessant zu machen. Das ist mit dem Internet einfacher geworden.
Wie alles begann
In den Neunziger Jahren, den Anfängen des Internet-Zeitalters, diente das Netz als riesiger Speicher von Informationen. Wie ein gigantischer Karteikasten machte es dem Nutzer Auskünfte zugänglich. Auf der Suche nach einem dringend benötigten Buch musste er nun nicht mehr mühsam die ihm bekannten Bibliotheken per Brief oder Telefon abklappern. Ein bisschen Hintergrundwissen und ein paar Tastenkombinationen – und schon hatte er recherchiert, von wo er es sich zuschicken lassen konnte.Doch von einer umfassenden Kommunikation konnte nicht die Rede sein. Für den Großteil der Nutzer war das Internet eine Einbahnstraße: Sie konnten Unmengen von Daten in Sekundenbruchteilen abrufen, nicht mehr und nicht weniger. Nur wenige Institutionen speisten Daten ein, zumeist Wissenschaftszentren und Universitäten, später auch einzelne Unternehmen. Da die Programmierung der Webseiten aufwendig war und nur von Spezialisten durchgeführt werden konnte, wurden ihre Inhalte nur selten aktualisiert. Das Internet war im Grunde statisch. Heute kann man sich kaum noch an die Zeiten erinnern, in denen das Internet das Laufen lernte. Die sozialen Netzwerke und ihre Möglichkeiten sind heute derart präsent, dass wir vergessen, wie neu sie eigentlich sind. Dabei ging Google erst 1998 online, Wikipedia startete 2001 und Twitter zwitschert gerade einmal seit März 2006. Praktisch über Nacht hat sich ein völlig neues Medien-Verhalten etabliert. Unglaublich, mit welcher Geschwindigkeit die neuen Möglichkeiten der Kommunikation aufgesogen wurden! Alle Welt nutzt das Internet, aber kaum jemand ist sich darüber bewusst, was für ein Quantensprung damit verbunden ist. Kannte ein Kaufmann früher zwanzig Kumpels aus dem örtlichen Fußballclub, ist er heute in der Lage, sich über die sozialen Netzwerke mit Millionen potenzieller Bekannter auszutauschen. Manche Sätze werden so oft gebetsmühlenartig wiederholt – von Leuten, die Ahnung haben und von solchen, die sie nur nachplappern –, dass man sie nicht mehr hören mag und sie auch nicht mehr ernst nimmt. Doch sie werden dadurch nicht falsch: Die Welt ist ein Dorf geworden.
Web 2.0 – eine neue Dimension
Mit 2.0 wird eigentlich eine zweite, komplett überarbeitete Version einer Software bezeichnet. Insofern spielt der Begriff „Web 2.0“, der übrigens erst Ende 2003 Eingang in den allgemeinen Sprachschatz fand, auf die radikal neuen Möglichkeiten des Internets an, die mit der Einführung interaktiver Software entstanden. Das Beste daran: Diese Software wird intuitiv genutzt und ist damit spielerisch leicht zu bedienen. Mit drei Klicks kann jeder seine eigene Webseite im Internet veröffentlichen. Kinderleicht auch, auf dieser Seite ein Internet-Tagebuch, also einen Blog zu führen. Dazu sind keinerlei Programmierkenntnisse nötig. Selbst technisch unbedarfte Menschen können problemlos einen Videofilm oder ein Foto von ihrem Handy ins Netz überspielen und der ganzen Welt bekannt machen. Auch der Nachrichtendienst Twitter macht jeden zum Reporter und bietet ungefilterte Informationen aus allen Winkeln der Erde. Ein Erdbeben in Haiti? Auf Twitter informierten Haitianer wenige Minuten nach der Katastrophe über die Folgen. Ein Versprecher des amerikanischen Präsidenten? Auf Twitter wird berichtet und die ganze Welt lacht. Das Web 2.0 führt zudem Wissen zusammen. User aus aller Welt arbeiten am Online-Lexikon Wikipedia, das die Enzyklopädien in Buchform zu einem Schattendasein verdammt hat. Die unüberschaubare Anzahl an Foren, die es zu jedem erdenklichen Spezialthema gibt, ergänzt diese Informationsquelle. Ein weiteres typisches Element des neuen Internets sind die Plattformen. Sie bieten Raum für den allgemeinen Austausch von Meinungen und Erfahrungen. Und damit die Gelegenheit, sich kennenzulernen. Die Mitglieder von Facebook, XING, StudiVZ und anderen Netzwerken betreiben Kommunikation pur! Das Web 2.0 ist das Mitmach-Netz. Es bietet ein riesiges Feld, um sich auszudrücken, sich zu präsentieren, mit anderen Menschen auszutauschen oder einfach nur zu spielen. Es stellt also genau das zur Verfügung, was der Mensch braucht.
Geschäftschancen im Mitmach-Netz
Fast alle sozialen Netzwerke können als Geschäftsbasis genutzt werden. Facebook wurde nicht gegründet, um berufliche Kontakte herzustellen, doch es wird inzwischen auch dazu genutzt – direkt und indirekt. Auch wenn es keinen direkten beruflichen Nutzen hat, in einem Forum für Hobby-Häklerinnen aktiv zu sein, können doch auch die dort entstandenen Kontakte irgendwann geschäftlich von Vorteil sein. Um mit potenziellen Geschäftspartnern ins Gespräch zu kommen, bietet sich das 2003 als openBC (open Business Club) gegründete und 2006 umbenannte berufliche XING-Netzwerk an. Mit mehr als zehn Millionen Mitgliedern weltweit (September 2010) ist diese Plattform inzwischen so groß geworden, dass es geradezu ein „Muss“ ist, Mitglied zu sein. In einem solchen Netzwerk suchen die Mitglieder keine unverbindlichen Bekanntschaften, sondern sie sind explizit an Geschäften oder an ihrem beruflichen Fortkommen interessiert. Es werden keine Geschäfte abgeschlossen, aber sie werden angebahnt – denn für diesen Zweck ist XING geradezu ideal. Doch aufgepasst! Es gelten strenge Regeln: Verkäufer, die die Plattform direkt als Handelsbasis nutzen wollen, werden unweigerlich ausgeschlossen. Dennoch bieten diese Plattformen auch und gerade Verkäufern ideale Möglichkeiten, wenn sie nur richtig genutzt werden. Denn Kontakte sind das A und O für Geschäfte jeder Art. Ohne Kontakte kein Verkauf. Die sozialen Netzwerke bieten gerade dies: Kontakte ohne Ende. Denn die Anzahl der erreichbaren Menschen ist enorm hoch und wächst mit jedem Tag. Anders als in der realen Welt lassen sich im virtuellen Raum viel schneller Bekanntschaften schließen. Wenn sich zwei Menschen zufällig auf der Straße begegnen,
laufen sie aneinander vorbei, ohne Kontakt miteinander aufzunehmen. Denn sie kennen sich nicht und eine spontane Ansprache wäre unhöflich, würde vermutlich falsch verstanden und zurückgewiesen werden. Anders im Netz: Hier können sich zwei Personen unverbindlich kennen lernen. Sie studieren zunächst das Profil des anderen und erfahren so, ob und welche Gemeinsamkeiten bestehen. Sie können Anknüpfungspunkte suchen und nutzen. Im realen Leben müssen sich zwei Menschen zur gleichen Zeit am gleichen Platz einfinden, um miteinander Kontakt aufzunehmen. Und wenn sie miteinander telefonieren, braucht es immer noch die Gleichzeitigkeit. Im Netz sind dagegen Raum und Zeit nicht mehr maßgeblich: Heute wird eine Anfrage eingestellt, der Adressat antwortet morgen oder wenn er aus dem Urlaub wieder zurück ist. So entsteht eine Kommunikation ohne umständliche Verabredungen. Die Phase des gegenseitigen „Beschnupperns“ entfällt oder wird kürzer. So hat sich im Netz eine neue Etikette der Kontaktanbahnung etabliert. Die Kommunikation wird direkter und ehrlicher. Die Nutzer kommen schneller auf den Punkt. Sie posten ihre Anliegen ins Profil oder stellen konkrete Anfragen ins Netz. „Ich sehe, Sie suchen dies – ich biete Ihnen das.“ Die Kommunikation reduziert sich auf die Inhalte. Kontakte im Internet sind schnell hergestellt. Dies bedeutet auf der anderen Seite aber auch eine gewisse Unverbindlichkeit. Wer hundert Internetbekanntschaften zu einem realen Treffen einlädt, darf sich nicht wundern, wenn nicht ein einziger kommt. Wer im Internet erfolgreich Kontakte schließen und diese auch nutzen will, wird mit der Zeit seine Erfahrungen sammeln und bald herausbekommen, was geht und was nicht. All diese Veränderungen bringen neue Möglichkeiten für die geschäftliche Kontaktaufnahme
und Kundenwerbung. Die sozialen Netzwerke bieten einen Ersatz für unpersönliche Mailings. In Form personalisierter Mailings, die die Anliegen klar kommunizieren, können die Empfänger zielgerichtet und persönlich angesprochen werden. Denn der Sender weiß vieles über den Empfänger – ein Blick in dessen Profil genügt. Wer einem Banker eine Druckmaschine zum Kauf anbietet, macht sich lächerlich – er hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Und noch einen weiteren Vorteil bietet die Kontaktaufnahme per Internet: In den
sozialen Netzwerke werden automatisch alle Daten über die Kontaktaufnahme archiviert. Dies ist nützlich, etwa um zu erfahren, wann in der Vergangenheit bereits Mailings an den potenziellen Kunden versandt wurden. Diese Informationen sind jederzeit abrufbar – eine ideale Grundlage, um die Historie von Geschäften zu beobachten und daraus zu lernen.
Dieses ist ein Auszug aus meinem Buch „Ich kenn dich-darum kauf ich“
Eine Leseprobe kann unter www.shop.nabenhauer-consulting.com angefordert werden.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim lesen.
Herzlichst
Robert Nabenhauer